White Feminism


von Florence Heß

White Feminism vs. Intersectional Feminism

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Der Feminismus strebt die Gleichberechtigung der Frau in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen an. Um diese zu realisieren, beinhaltet die Agenda grundlegende Veränderungen in der Welt. Nach Gloria Evangelina Anzaldúa liegt der Beginn dieser revolutionären Veränderung bei einem selbst (Anzaldúa 1981).

     Und genau darin begründen viele Schwarze sowie andere nicht-weiße Feministinnen ihre massive Kritik an der Feminismustheorie, denn diese betrachtet sich weder selbst kritisch noch ist sie selbstreflexiv. Die Feminismustheorie möchte zwar ein Gerüst bereitstellen, mit dem es möglich ist, das System der Unterdrückung zu verstehen, soziale Veränderungen heranzutreiben und somit soziale Gerechtigkeit zu erlangen, dennoch gelingt es ihr nicht, die Unterdrückung von women of color zu berücksichtigen (McFadden 2011). Aufgrund dieser unreflektierten Ausgrenzung und Dominanz kann sie keine ausreichenden Lösungen für alle Frauen bieten (Ludvig 2001). So kommt es, dass der Mainstream Feminismus von vielen kritischen Feministinnen mit offensichtlich negativer Konnotation als weißer Feminismus, bzw. white feminism bezeichnet wird. White feminism definiert sich also als Feminismus, welcher sich mit den Problemen weißer Frauen beschäftigt, dabei aber die distinkten Formen der Unterdrückung, wie sie women of color und Frauen mit anderen fehlenden Privilegien erleben, außer Acht lässt (McFadden 2011).

     Wenn weiße Feministinnen über das Leben, die Erfahrungen und die Bedürfnisse von Frauen theorisieren, wird das Frausein sehr häufig generalisiert. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Perspektive weißer Frauen für alle Frauen zutreffend ist (McFadden 2011). Dies ist deshalb so gefährlich, weil die Feminismustheorie bisher größtenteils von gebildeten, mittelständischen, weißen Frauen hervorgebracht wurde und women of color wenig Anerkennung in diesem Bereich zuteilwird (hooks 2000). Daraus resultiert, dass privilegierte weiße Feministinnen nur über Frauen ihresgleichen theorisieren, jedoch selbst davon ausgehen, dass ihre Annahmen auf alle Frauen übertragbar sind, sozusagen ein Einheitsgrößen-Feminismus, der auf jede Frau passt. Demnach werden women of color in der Forschung weißer Feministinnen gänzlich ausgeschlossen. Zusätzlich werden ebenfalls Frauen, die Opfer anderer Formen der Unterdrückung sind, ausgeschlossen. Dazu zählen Unterdrückungsformen wie Homophobie, Transphobie oder Ableism. Auch Frauen aus der Arbeiterklasse werden entweder gar nicht oder nicht ausreichend repräsentiert. All diesen Frauen ist es nicht möglich, ihre Unterdrückung einzig und allein dem System des Sexismus zuzuschreiben, da sie ebenso von anderen Systemen unterdrückt werden. Indem deren Bedürfnisse in der Feminismustheorie vernachlässigt werden, werden ihre Probleme und Anliegen auch nicht angebracht respektiert (McFadden 2011).

     Dass der mainstream Feminismustheorie vorgeworfen wird, sie würde women of color ausschließen und ihnen gegenüber selbst eine unterdrückende Position einnehmen, ist nichts Neues. Doch trotz der massiven Kritik wird women of color nach wie vor Schaden zugefügt, in dem im dominanten Feminismusdiskurs, der nun mal ein weißer Feminismusdiskurs ist, nach wie vor nicht oder selten auf die Sorgen und Bedürfnisse der Exkludierten eingegangen wird (Collins 1990).

     Die Schwarze Feministin Audre Lorde stellt in ihrem Buch Sister Outsider (1984) sogar die Frage, ob weiße Feministinnen wirklich so blind seien, dass sie die Differenzen der Frauen nicht sehen, da diese von ihnen nie angesprochen werden, oder ob sie selbst einfach bloß unreflektierte Rassistinnen seien. Sie steht nicht alleine mit ihrer Meinung dar, dass weiße Feministinnen rassistisch handeln, indem sie die Existenz von women of color in ihrer Forschung ignorieren. Auch Caroline McFadden (2011) teilt diese Ansicht. Ihr zufolge lässt sich dieser Ignoranz hinzufügen, dass feministische Beiträge von women of color nicht gewürdigt oder respektiert werden. Des Weiteren weigern sich weiße Feministinnen ihre Vorschläge zur Verbesserung der Feminismustheorie anzuhören und anzunehmen. Sie nehmen außerdem ihre Kritiken am white feminism nicht ernst und übersehen das Leiden der women of color, welches vom Verhalten weißer Feministinnen und vom System als solches, welches von weißen Feministinnen aber nicht verstanden wird, hervorgebracht wird. Mit diesem als rassistisch zu bezeichnendes Verhalten werden women of color innerhalb der Feminismustheorien von weißen Feministinnen stark unterdrückt. Diese Unterdrückung ist antithetisch zur feministischen Zielsetzung; Gleichberechtigung, Inklusion und Gerechtigkeit. Während women of color in der Gesellschaft sowieso schon mit rassistischer Unterdrückung zu kämpfen haben, werden women of color selbst im feministischen Kontext mit dieser Form der Unterdrückung konfrontiert. Demzufolge ist white feminism als ein Unterdrücker von women of color zu betrachten (McFadden 2011).

     Auch die Tatsache, dass die weiße Feminismustheorie mit dem additiven Ansatz argumentiert, unterstreicht den unterdrückenden Charakter. Nach diesem Ansatz bildet das Geschlecht die Basis der Unterdrückung, auf die weitere Variablen addiert werden. Diese weitere Variable, die zu Unterdrückung führen sind beispielsweise Alter, sexuelle Orientierung, „Rasse“, soziale Klasse oder Religion (Collins 1990).

    Die Literarin Patricia Hill Collins (1990) kritisiert in ihrem Buch Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness, and the Politics of Empowerment den additiven Ansatz, indem sie sagt, dass diese Annahme konträr zu der Annahme der Intersektionalität steht. Der intersektionale Ansatz macht auf die Überschneidungen und Verbindungen der Identitäts-Kategorien aufmerksam, wofür Kimberlé Crenshaw (1989) den Begriff Intersektionalität prägte. Sie betont, dass die Probleme der Exklusion von women of color sowohl in der mainstream antirassistischen Politik als auch in der feministischen Theorie nicht einfach dadurch aus der Welt geschaffen wird, indem man women of color in eine bereits bestehendes analytische Struktur inkludiert. Da die intersektionale Erfahrung dieser Frauen größer ist als die Summe der rassistischen und sexistischen Erfahrungen, die sie erleben, könne keine Analyse, die den intersektionalen Faktor unberücksichtigt lässt, die Art und Weise, in der women of color unterdrückt werden, ausreichend benennen. Demnach muss sich Feminismus, um Exklusion jeglicher Art zu vermeiden, grundsätzlich als intersectional feminism verstehen (Crenshaw 1989).

     Das Problem hierbei liegt in der Tatsache, dass viele weiße Feministinnen Rassismus nicht als ein signifikantes feministisches Problem anerkennen und sich weigern, ihre eigenen rassistischen und somit unterdrückenden Handlungen zu hinterfragen. Weiße Frauen, die den Feminismusdiskurs dominieren, haben wenig bis kein Verständnis von weißer Suprematie als eine Rassenpolitik. Ebenso fehlt es ihnen an Verständnis für den psychologischen Einfluss von Klasse und ihres eigenen politischen Status innerhalb einer rassistischen, sexistischen und kapitalistischen Welt (McFadden 2011). Barbara Smith erklärt in ihrem Artikel, dass Rassismus sehr wohl ein offensichtliches Problem, das von der Feminismustheorie aufgenommen werden muss, darstellt. Feminismus zeichnet sich durch eine politische Theorie und Praxis aus, die alle Frauen von Unterdrückung befreien möchte. Dazu gehören neben ökologisch gutgestellten, privilegierten, weißen Frauen ebenso women of color, Frauen aus der Arbeiterklasse, arme Frauen, Frauen mit Behinderung, sexuell anders orientierte Frauen wie auch alte Frauen. Ein Feminismus mit anderen Ansichten als diese der totalen Freiheit dürfe und solle sich nicht Feminismus nennen (Smith 1983).

     Als Hoffnungsträger dafür gilt die aktuelle Bewegung des Third Wave-Feminismus. Diese gründete sich aus der Realisation der Diversität von Frauen am Ende des Second Wave-Feminismus (Baumgardner & Richards 2000). Die Wurzeln des intersectional feminism liegen sozusagen in den Wurzeln des Third Wave-Feminismus, welcher für gewöhnlich u.a. Elemente der Queer Theorie, der Antirassismus-Theorie, der Transgenderpolitik und der Klassismustheorie behandelt. Doch wie bereits erwähnt, schafft das bloße Hinzufügen von women of color in ein vorhandenes System keine große Veränderung. Weiße Frauen werden immer noch als Norm betrachtet und stehen somit im Fokus der feministischen Theorie. Aus diesem Grund neigen weiße Third Wave-Feministinnen noch immer dazu, das Frausein zu generalisieren und women of color zu unterdrücken, während sie nun aber von sich behaupten können, women of color nicht länger zu exkludieren (Baumgardner & Richards 2000).

     Die von weißen Feministinnen ausgeübte Unterdrückung erschwert den Frauen unterschiedlicher Ethnien sich effektiv und brauchbar in der Frauenbewegung zu organisieren und einzubringen (McFadden 2011). Als Folge dessen, lehnen viele nicht-weiße Feministinnen den Feminismus, der in ihren Augen als white feminism zu verstehen ist, für sich selbst ab. Diese Spaltung lässt sich daran illustrieren, dass von nicht-weißen Feministinnen bereits andere Terminologien des Feminismus geschaffen wurden. Hierzu zählen beispielsweise asian feminism und black feminism (Collins 1990). Diese Abgrenzung erschwert Gemeinschaft, Freundschaft, Liebe, Solidarität und Schwesternschaft innerhalb der Frauenbewegung. Indem weiße Feministinnen women of color entfremden, wird also die Zusammenarbeit und die Organisation der Bewegung ausgebremst. Wenn Frauen aufgrund nicht vorhandenem gegenseitigen Respekt und fehlender Sorgsamkeit nicht miteinander arbeiten können, ist eine vereinte Bewegung zur sozialen Veränderung unmöglich (McFadden 2011). Audrey Lorde beteuert, dass das Ignorieren der „Rassen“differenzen zwischen Frauen sowie die Implikationen dieser Differenzen die womöglich größte Gefahr für die Mobilisierung der Kollektivmacht von Frauen darstellt. Ihrer Predigt nach, ist die Bildung einer Gemeinschaft von weißen Frauen und women of color unbedingt nötig, da ihre gegenseitige Unterstützung und Verbindung im Kampf gegen die Unterdrückung essentiell ist (Lorde 1984).

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Literatur
Collins, P. H. (2002). Black feminist thought: Knowledge, consciousness, and the politics of empowerment. Routledge.
 
Crenshaw, K. (1989). Demarginalizing the intersection of race and sex: A black feminist critique of antidiscrimination doctrine, feminist theory and antiracist politics. U. Chi. Legal F., 139.
 
hooks, b. (2000). Feminism is for everybody: Passionate politics. Pluto Press.
Lorde, A. (1984). Sister outsider: Essays and speeches. Crossing Press.
 
Ludvig, A. (2001). Kritik des Black Feminism an feministischer Theoriebildung. SWS-Rundschau, 41(1), 38-52.
McFadden, C. (2011). Critical white feminism interrogating privilege, whiteness, and antiracism in feminist theory.
 
Moraga, C., & Anzaldúa, G. (Eds.). (2015). This bridge called my back: Writings by radical women of color. Suny Press.
 
Smith, B. (1980). Racism and women's studies. Frontiers: A journal of women studies, 48-49.

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White Feminism: Marketplace Feminism und Lena Dunham


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Auf Social Media-Plattformen wie Twitter, Facebook und YouTube taucht das Wort Feminismus in Verbindung mit celebrities immer häufiger auf. Im Jahre 2014 sprach Emma Watson auf dem UN Kongress und rief die #HeForShe-Kampagne online ins Leben. Populäre YouTube-Videos zeigen Jennifer Lawrence, Beyoncé und Joseph-Gordon Lewitt wie sie bereitwillig den Feminismus als ihre Ideologie einer Gleichberechtigung der Geschlechter annehmen. Zahlreiche Beispiele liegen vor, die verdeutlichen, dass in der gegenwärtigen Mediengesellschaft die Botschaften des Feminismus regelmäßig in Form von Hashtags, Memes oder Videoclips übermittelt werden (Stache 2015).

     Kritische Stimmen sehen einige der feministischen Prominenten, sogenannte celebrity feminists, als Gefahr gegenüber einem mehr authentischen Feminismus. Der Kritik zu zufolge liefern celebrity feminists viel mehr eine Art Einstiegsfeminismus, welcher die Komplexität der Bewegung alleine ungenügend vermittelt (Brady 2016). Laut Jessalyn und Jessica Ringrose adressieren celebrity feminists selten komplexe Thematiken wie systematische Ungleichheiten, Sexualisierung von people of color und ihren eigenen Mangel an feministischer Bildung (Jessalyn / Ringrose 2015).

     Die Medien haben schon seit je her eine bedeutende Rolle bei der Definitionsgründung des Feminismusbegriffs im öffentlichen Diskurs gespielt. Die neuentdeckte Bereitschaft der celebrities, sich selbst mit Feminismus zu identifizieren, stimmt mit der nie zuvor dagewesenen Medienreichweite der Prominentenkultur überein. Zusätzlich bietet das Wachstum der digitalen Medien neue Wege der Selbstpräsentation, Prominenzerzeugung und des Medienkonsums. Die Mediale Reichweite des Einzelnen ist immens (Brady 2016). Celebrities haben nun die Möglichkeit, sich von einem hochkontrollierten und regulierten Medienmanagement zu lösen. Diese ermöglichte Medienpraxis verändert die Prominentenkultur. Zunehmend kommentieren celebrities genau die Industrie, die für ihren Erfolg verantwortlich ist, wobei die „call outs“ sexistischer Praktiken innerhalb dieser Industrie nicht selten zu Schlagzeilen werden (Marwick & Boyd 2011). Das Interesse der Medien an celebrities und das Interesse der celebrities diese umfangreichen digitalen Plattformen zu nutzen, gewährleistet, dass celebrities eine gewisse Macht bei der Bildung der öffentlichen Agenda der Feminismusdebatte zukommt (Brady 2016). Dabei ist der celebrity feminism unbedingt performativ zu betrachten. Wenn beispielsweise die Sängerin und Schauspielerin Miley Cyrus von sich behauptet „I feel like I’m one of the biggest feminists“ (BBC 2013), dann beansprucht sie nicht nur diese Identität, sondern schreibt auch potentiell die Bedingungen dieser Identität neu (Harris 2008). Dies ist besonders problematisch, weil es vielen in der Öffentlichkeit stehenden jungen Frauen nicht gelingt, Feminismus korrekt zu verkörpern (Brady 2016).

     Des Weiteren neigen viele celebrities dazu, die Ideologie des Feminismus für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Andi Zeisler, die Gründerin der feministischen Organisartion bitchmedia hat für diesen Missbrauch des Feminismus den Ausdruck marketplace feminism geprägt. Marketplace feminism wird dann ausgeübt, wenn ein Unternehmen oder eine bekannte Persönlichkeit feministische Sprache, feministische Werte und feministischen Aktivismus für die Vermarktung ihrer Produkte oder eigenen Person ausnutzen. Des Weiteren beinhaltet diese Form das Wählen, Aussuchen und Nehmen der Parts der Bewegung und Praxis, die ihnen zu Gute kommen beziehungsweise auf sie passen, und ignorieren dabei jene Parts, die sie weder ansprechen noch Nutzen bringen (Zeisler 2016). Demzufolge nutzen viele celebrities Feminismus als eine Art Marke, wobei der Feminismusbegriff simplifiziert wird um so viele Menschen wie möglich anzusprechen und somit Erfolg zu gewährleisten. Dadurch, dass Feminismus in der täglichen Rhetorik, den Medien und der Popkultur derzeit viel häufiger auftaucht, gewinnt der Feminismus an Popularität. Diese Popularität wird von manchen celebrities genutzt, um ihren Profit zu steigern (Vagianos 2016).

     Das Problem hierbei ist die Tatsache, dass sich white feminism am einfachsten verkaufen lässt, da dieser am attraktivsten für die Mehrheit wirkt. Der Ausdruck white feminism wird als Kritik an jene weißen Feministinnen verstanden, welche Thematiken und Problematiken, die sie als weiße Frauen nicht betreffen, ignorieren, vermeiden oder ablehnen. Weißer Feminismus ignoriert demnach unterdrückende Systeme wie Klassismus, Rassismus, Homophobie und Ableism (McFadden 2011). Demnach ist davon auszugehen, dass in den meisten Fällen der celebrities, die marketplace feminism betreiben, gleichzeitig auch white feminism in die Welt tragen.

     Zeisler stellt die Behauptung auf, dass marketplace feminism dem mehr expliziten und aktiven Feminismus die Show stiehlt. Dabei zeigt sich marketplace feminism als depolitisiert und zielt nicht auf die Enttarnung tief verwurzelter Systeme der Ungleichberechtigung ab (Zeisler 2016). Demzufolge trägt er nur sehr wenig dazu bei, fundamentale und politische Veränderungen herbeizuführen. Er wird von einem Machtsystem unterstützt, das zwar daran interessiert ist so zu tun als würde es zur Veränderung beitragen wollen, wobei es aber im Grunde genommen nur auf eigene Vorteile abzielt (Wilhelm 2015).

     Als eine der bekanntesten selbsternannten Feministinnen, die die Ausübung von marketplace feminism und gleichzeitige Verkörperung von white feminism zugesprochen wird, gilt Lena Dunham.

     Lena Dunham (1986) ist eine US amerikanische Schauspielerin, Schriftstellerin und Regisseurin. Ihr Feminismus besteht vor allem daraus, die vorherrschenden Schönheitsnormen anzuprangern. Dies tut sie beispielsweise indem sie ihren nackten Körper in der von ihr produzierten HBO Serie Girls präsentiert (Ford 2016). In ihrer selbstverfassten Autobiografie Not That Kind of a Girl (2014) sowie durch öffentliche Äußerungen befürwortet sie die sexuelle Autonomie der Frau und macht auf die Problematik der Gewalt gegenüber Frauen aufmerksam. Zusätzlich bekennt sie sich öffentlich als Befürworterin der  Pro Choice-Bewegung (Spanos 2016).

     Allerding behaupten kritische Stimmen aufgrund der von ihr häufig als problematisch zu sehenden Aussagen, sie kämpfe nicht für alle Frauen. Als reiche, heterosexuelle, weiße Frau ohne Behinderung sie die Intersektionalität von „Rasse“, Sexualität und Geschlecht. Somit sei sie eine der vielen weißen Frauen, die sich ihrer Privilegien nicht bewusst sind. So beschwere sie sich u.a. über die fehlende Diversität in Hollywood, ignoriere aber die Weißheit ihrer eigens produzierten Serie Girls, in der sie ebenfalls die Hauptrolle spielt. Die Maincast der Serie setzt sich ausschließlich aus weißen, gutbezahlten Schauspieler_innen zusammen. Trotzdem verkaufe sie die Serie als eine feministische Neuheit, die das Frausein in noch die dargebotenen Facetten repräsentiert (Ford 2016). Des Weiteren habe sie bereits mehrmals Tweets mit rassistischen Inhalten verfasst. So hat sie beispielsweise einen Tweet veröffentlicht, in dem sie einen rassistischen Witz über asiatische Männer macht. Ihre genauen Worte lauteten: „An uncool thought to have: ‚is that guy walking in the dark behind me a rapist? Never mind, he’s Asian’” (Dailymail 2016). In einem weiteren objektiviere sie den Körper eines Schwarzen Mannes, indem sie schreibt “I attempted to grind my ass on Michael B. Jordan for an additional twenty minutes and then left right after you“ (Dailymail 2016).

     Dunhams white feminism werde insbesondere an ihrer Aussage über den Footballstar Odell Beckham Jr. erkennbar. Laut ihrer Aussage habe er sie bei der Met Gala 2016 aufgrund ihres Aussehens, welches nicht dem Schönheitsideal entspräche, ignoriert. In einem Interview mit ihrer Kollegin Amy Schumer hat sie die Situation folgendermaßen beschrieben:

„He determined I was not a shape of a woman by his standards. He was like, ‘That’s a marshmallow. That’s a child. That’s a dog.’ It wasn’t mean – he just seemed confused. The vibe was very much like, ‘Do I want to fuck it? Is it wearing a--- yep, it’s wearing a tuxedo. I’m going to go back to my cell phone… It was like we were forced to be together, and he literally was scrolling Instagram rather than have to look at a woman in a bow tie. I was like ‘This should be called the Metropolitan Museum of Getting Rejected by Athletes.’” (Littlewood 2016).

     Kritiker_innen zufolge unterstelle sie ihm mit diesen Worten nicht nur misogyne Gedanken, sondern positioniere sich selbst in der Rolle der Unterdrückten, während sie ihm die des Privilegierten zukommen ließe. Sie rassistische Implikation ihrer Worte läge im historischen Kontext des übersexualisierten Schwarzen Mannes als Gefahr der weißen Frau begründet (Littlewood 2016). Während der Zeit der Sklaverei galten Schwarze Frauen und insbesondere Schwarze Männer hinsichtlich ihrer Sexualität als animalisch. Im Späten 19. Jahrhundert wurde in den Vereinigten Staaten die weiße weibliche Sexualität als Rechtfertigung rassistischer Gewalt genutzt. Zu der Zeit existierte der Mythos, Schwarze Männer verfügen über den natürlichen Trieb, weiße Frauen vergewaltigen zu müssen. Zusätzlich galt der sexuelle Zugang zu einer Frau als Symbol von Macht. Insbesondere der sexuelle Zugang zu einer weißen Frau wurde als Privileg angesehen, welches nur weißen Männern zugestanden war. Für die Männer galt es, dieses Privileg zu wahren, indem sie „ihre“ weißen Frauen vor nicht-weißen Männern „schützen“. Mit diesem Mythos wurde die Lynchjustiz von weißen Männern gegenüber Schwarzen Männern jahrzehntelang gerechtfertigt. Tausende Schwarze Männer verloren so ihr Leben (Lindquist-Dorr 2004).

     Obwohl dieser Mythos weit in der Vergangenheit liegen sollte, wird das Stereotyp des Schwarzen Mannes als Vergewaltiger nach wie vor als Legitimation rassistischer Gewalttaten vorgebracht. So soll u.a. Dylann Roof, der für die Morde an neun people of color in einer Kirche in Charleston verantwortlich ist, bei seiner Tat im Jahr 2015 gerufen haben: „I have to do it. You rape our women, and you’re taking over our country, and you have to go.“ (Bouie 2015).

     Ganz besonders in Anbetracht der jüngsten Ereignisse, ist es kaum verwunderlich, dass Dunham für ihre Aussage von der Öffentlichkeit zur Rechenschaft gezogen wurde. Sie weist jegliche rassistische Absichten von sich und erklärt, dass ihre Reaktion aus ihrer eigenen Unsicherheit aufgrund ihres Aussehens resultierte (Littlewood 2016).

     Anhand Lena Dunham als Beispiel des white feminism von celebrities wird die Gefahr dabei, celebrities, die white feminism im Gegensatz zu intersectional feminism verkörpern, als Repräsentanten des Feminismus in der Öffentlichkeit stehen zu haben, deutlich (Wilhelm 2015). Die Definition des Feminismus wird zumindest in der breiten Öffentlichkeit zu der des white feminism umgeschrieben. Als Folge dessen, lehnen viele women of color den Feminismus ab, womit die Zusammenarbeit und Organisation der Bewegung ausgebremst wird (McFadden 2011).

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Literatur
 
Baele, C. (2016). URL: http://www.independent.co.uk/arts-entertainment/lena-dunham-branded-hypocrite-for-criticising-hollywoods-lack-of-diversity-a6839136.html (Zugriff: 23. September 2017).
 

BBC (2013). URL: http://www.bbc.co.uk/newsbeat/article/24911610/miley-cyrus-says-shes-one-of-the-biggest-feminists
 

Bouie, J. (2015). URL: http://www.slate.com/articles/news_and_politics/history/2015/06/the_deadly_history_of_they_re_raping_our_women_racists_have_long_defended.html  (Zugriff: 23. September 2017).
 

Brady, A. (2016). Taking time between g-string changes to educate ourselves: Sinéad O’Connor, Miley Cyrus, and celebrity feminism. Feminist Media Studies, 16(3), 429-444.
 

Dailymail (2016). URL: http://www.dailymail.co.uk/news/article-3773265/Lena-Dunham-faces-backlash-Twitter-racist-tweet-resurfaces.html (Zugriff: 23. September 2017).
Dorr, L. L. (2004). White women, rape, and the power of race in Virginia, 1900-1960. Univ of North Carolina Press.
 

Dunham, L. Not That Kind of Girl: A Young Woman Tells You What She's "Learned". New York: Random House, 2014.

Ford, J. (2016). The “smart” body politics of Lena Dunham’s Girls. Feminist Media Studies, 16(6), 1029-1042.
 

Harris, A. 2008. “Introduction: Youth Cultures and Feminist Politics.” In Next Wave Cultures: Feminism, Subcultures, Activism, edited by Anita Harris, 1–16.
 

Keller, J., and J. Ringrose. 2015. “‘But Then Feminism Goes Out the Window!’: Exploring Teenage Girls’ Critical Response to Celebrity Feminism.” Celebrity Studies 6 (1): 132–135.
 

Littlewood, Suzie (2016). URL: https://www.hercampus.com/school/sonoma-state/lena-dunham-feminist-icon-or-fake-feminist (Zugriff: 23. September 2017).
 

Marwick, A. E., & Boyd, D. (2011). I tweet honestly, I tweet passionately: Twitter users, context collapse, and the imagined audience. New media & society, 13(1), 114-133.
 

McFadden, C. (2011). Critical white feminism interrogating privilege, whiteness, and antiracism in feminist theory.
 

Mills, C. W. (2014). The racial contract. Cornell University Press.
 

Spanos, Brittany (2016). URL: http://www.rollingstone.com/culture/news/read-lena-dunhams-apology-for-distasteful-abortion-comment-w457161 (Zugriff: 23. September 2017).
 

Stache, L. C. (2015). Advocacy and political potential at the convergence of hashtag activism and commerce. Feminist Media Studies, 15(1), 162-164.
 

Wise, T. (2011). White like me: Reflections on race from a privileged son. Soft Skull Press.
 

Vagianos, A. (2016). URL: http://www.huffingtonpost.com/entry/how-feminism-became-trendy-and-why-we-should-care_us_5727b5fde4b0b49df6ac0ce4 (Zugriff: 23. September 2017).
 

Wilhelm, H. (2015). URL: http://www.chicagotribune.com/news/opinion/commentary/ct-lena-dunham-abortion-steinem-feminism-wilhelm-perspec-1030-20151029-column.html (Zugriff: 23. September 2017).
 

Zeisler, A. (2016). URL: https://www.bitchmedia.org/article/marketplace-feminism-through-decades-11-shameless-attempts-sell-women-their-own-commodity (Zugriff: 23. September 2017).

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White Feminism: Madonna, Colorblindness und Cultural Appropriation

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Madonna wurde Mitte der 80er Jahre innerhalb kürzester Zeit zu einer Ikone der Popkultur. Aufgrund ihrer Darstellung der weiblichen Sexualität und ihrer Bühnenpersona, die sowohl sexy, stark und selbstbestimmt wirkt (Paglia 1990), wurde Madonna zur Ikone junger Frauen. Sie bot Alternativen zu den traditionellen bestehenden Bildern von Frausein und Femininität und hat jungen Frauen gezeigt, was es heißt, gleichzeitig attraktiv, sinnlich, sexy, aggressiv und witzig zu sein und somit die Kontrolle über das eigene Leben zu haben (Lugo 2001). Für viele verkörpert sie bis heute die Anfechtung der fundamentalen patriarchalen Gesellschaft.

     Noch heute präsentiert sich Madonna in den Medien als Feministin, die sich gegen das vorherrschende Patriarchat auflehnt. In ihrer Dankesrede zur Billboard’s Auszeichnung Women of the Year 2016 macht sie das, was sie am besten kann; die gesellschaftlichen Erwartungen an die Frau anprangern.

„If you're a girl, you have to play the game. You're allowed to be pretty and cute and sexy. But don’t act too smart. Don’t have an opinion that's out of line with the status quo. You are allowed to be objectified by men and dress like a slut, but don’t own your sluttiness. And do not, I repeat do not, share your own sexual fantasies with the world. Be what men want you to be, but more importantly, be what women feel comfortable with you being around other men. And finally, do not age. Because to age is a sin. You will be criticized and vilified and definitely not played on the radio." (Lynch 2016).

Neben ihrer Leistungen hinsichtlich der freien Äußerung der weiblichen Sexualität, behaupten manche Feministinnen, ihr Verhalten sei feministisch betrachtet fehlerhaft. Es existieren insbesondere zahlreiche Vorwürfe gegen den von ihr repräsentierten Feminismus von einer Bandbreite Kritiker_innen, die sich anfangs gegenüber Madonnas Rolle als Feministin in der medialen Öffentlichkeit positiv geäußert hatten. So hat unter anderem auch die Schwarze Feministin bell hooks Madonna zu Beginn ihrer Karriere als revolutionäre Feministin gelobt. Sie sah sie als „[a] feminist in that she was daring to transgress sexist boundaries; Bohemian in that she was an adventurer, a risk taker; daring in that she presented a complex non-static ever changing subjectivity.“ (hooks 1996: 66-67). Hooks sowie andere passionierte Feministinnen feierten Madonna dafür, Frauen eine Art Freiheit zu bieten: „For me and many other young ‚hip‘ feminists women confined the academy, Madonna was a symbol of unrepressed female creativity and power – sexy, seductive, serious, and strong.“ (hooks 1996: 67). Doch mit jeden weiteren Kontroversen, die Madonna der Öffentlichkeit lieferte, wurde aus dem anfänglichen Lob mehr und mehr negative Kritik. So kritisiert hooks nun die von ihr sexualisierte Selbstdarstellung als einen Akt, den patriarchalen pornografischen Schönheitsnormen der Frau zu entsprechen (hooks 1996: 8).

     Während sie also von einigen noch immer als Segen der feministischen Bewegung betrachtet wird, wird sie von anderen kritischen Stimmen getadelt. Ihnen nach sei sie zu vulgär und verhalte sich demnach antifeministisch (Kellner 2003). Außerdem vermuten viele von ihnen, dass Madonna so handelt wie sie handelt um ihre eigene Karriere voranzubringen bzw. diese trotz ihres fortgeschrittenen Alters zu erhalten. Bell hooks behauptet beispielsweise, dass Madonna darauf fokussiert sei, sich selbst zu vermarkten um ihre Berühmtheit zu steigern (hooks 1996). Heutzutage wird diese Ausführung als marketplace feminism bezeichnet. Dieser beinhaltet das Wählen, Aussuchen und Nehmen der Bereiche des Feminismus, die einen selbst betreffen, und das Ignorieren jener, die es nicht tun. Nicht wenige celebrities nutzen Feminismus als eine Marke, wobei dieser simplifiziert wird, um so viele Menschen wie möglich anzusprechen. In der westlichen Welt lässt sich demzufolge white feminism am einfachsten verkaufen (Zeisler 2016). Der Ausdruck white feminism wird also als Kritik an die Tendenz mancher Feministinnen verstanden, Themen und Probleme, welche sie als weiße Frauen nicht betreffen, zu vermeiden oder abzulehnen. Er ignoriert unterdrückende Systeme wie Klassismus, Rassismus, Homophobie und Ableism (McFadden 2011).

     Zwar ignoriert Madonna die genannten unterdrückenden Systeme nicht gänzlich und macht in ihrer Arbeit immer wieder auf einige davon aufmerksam, doch zweifeln Kritiker_innen an der Authenzität ihrer dargestellten Überzeugungen. Auch Douglas Rushkoff ist der Meinung, Madonnas Erfolg läge ihrer Erfahrung der Selbstvermarktung zugrunde und weniger ihrer tatsächlichen Überzeugungen hinsichtlich der von ihr thematisierten Thematiken. Er argumentiert, dass Madonna schlicht darauf fixiert sei, unbedingte Medienaufmerksamkeit zu erlangen (Rushkoff 2010).

Madonnas white feminism kann aber ebenso mit ihrer Ansicht bezüglich binärer Kategorien begründet werden. Wenn man Madonna hinsichtlich der Begriffe Gender, Sexualität und „Rasse“ betrachtet, wird offensichtlich, dass ihre Darstellung dieser Kategorien gegen die der vorherrschenden Gesellschaftsnormen geht. Ihr zufolge sollte das Leben eines Menschen nicht darauf basieren, ob dieser weiß oder Schwarz, hetero- oder homosexuell, oder männlich oder weiblich ist (Lugo 2001). Sie findet, es sei nicht von Bedeutung, ob sich Personen diesen Binaritäten zuordnen wollen oder ihre eigenen schaffen. In ihrer Musik und in ihrer weiteren Arbeit möchte sie das Bewusstsein übermitteln, Menschen verfügen selbst über die Macht, diese Kategorien zu definieren, und dass sie ebenfalls das Recht dazu haben, diese Kategorien für sich selbst abzulehnen. Indem sie die genannten Kategorien abzuschaffen versucht, möchte sie die Grenzen, die die Menschheit teilt, durchbrechen (Lugo 2001). Dies klingt allerdings sehr nach colorblindness, was sich nur jemand mit dem Privileg weiß zu sein erlauben kann

     Nach dem Post-Race-Paradigma leben wir in einer Welt, in der Ungleichbehandlung von Menschen unterschiedlicher „Rassen“ der Vergangenheit angehört und demnach jeder Mensch gleich behandelt werden sollte. So hat die amerikanische Gesellschaft sich der Rhetorik der colorblindness oder race-neutrality geschaffen. Demnach sollen alle Menschen dieser Post-Race-Nation blind gegenüber Hautfarbe und neutral gegenüber Themen, die die „Rasse“ betreffen, sein. Der politische Aktivist Tim Wise kritisiert diesen aktuellen Post-Race-Liberalismus und die damit einhergehende Rhetorik, indem er behauptet, dass colorblindness nicht nur darin versagt, Diskriminierung und Ungleichheiten aufgrund der „Rasse“ zu beseitigen, sondern diese beiden Probleme sogar verschlimmern kann. Colorblindness kann deswegen nicht effektiv sein, da nicht nur die Farbe der Haut nicht gesehen wird, bzw. unberücksichtigt bleibt, sondern auch die Konsequenzen, die die Hautfarbe mit sich bringt. Folglich beinhaltet der Post-Racial-Gedanke, dass Hautfarbe keine Konsequenzen mit sich bringt und ignoriert werden kann bzw. sollte (Wise 2011). Aus ihren Worten „You need to be consciously aware of what’s going on in the world and you have to know your worth. Your worth ultimately isn’t on the outside of you, but on the inside of you – because that’s what lasts.” (Ghandi 2015), kann ihre colorblindness ebenfalls dahingehend abgeleitet werden, dass sie sich nicht mit dem Konsequenzen und dem historischen Kontext der Hautfarbe auseinandersetzt.

     Ihre colorblindness äußert sich in ihrer Arbeit ironischerweise insbesondere dadurch, dass sie people of color in ihre Musikvideos inkludiert, wie beispielsweise in dem zu like a prayer, einem ihrer erfolgreichsten Songs. Somit möchte sie auf die Gleichheit aller Menschen aufmerksam machen (Lugo 2001). Insbesondere black feminists wie bell hooks stehen dem Ganzen kritisch gegenüber. Dieses Verhalten sei deshalb problematisch, weil Madonna als weiße Person nicht in der Position ist, für people of color über deren Erfahrungen zu sprechen. Hooks protestiert, dass keine weiße Person repräsentativ für people of color sprechen sollte:

„Increasingly, Madonna occupies the space of the white cultural imperialist, talking on the mantle of the white colonial adventurer moving into the wilderness of black culture (gay or straight), of white gay subculture. Within these new and difference realms of experience realms of experience she never divests herself of white privilege. She maintains both the purity of her representation and her dominance.” (hooks 1996: 77).

Demnach sei Madonnas Verhalten respektlos und ignorant gegenüber people of color.

Weitere Madonnas white feminism betreffende Kritiken richten sich an ihre Form der cultural appropriation. Cultural appropriation wird dann ausgeführt, wenn eine Person Aspekte einer Kultur, der sie selbst nicht angehört, übernimmt, um davon zu profitieren. Bei einer tieferen Definition von cultural appropriation wird von bestimmten Machtdynamiken ausgegangen, bei welchen Mitglieder einer dominanten Kultur Elemente einer Kultur von Menschen, die systematisch von der dominanten Kultur unterdrückt werden, übernehmen. Aufgrund der systematischen Machtdynamik ist cultural appropriation nicht dasselbe wie kultureller Austausch. Cultural appropriation ist außerdem auch nicht dasselbe wie kulturelle Assimilation, bei der marginalisierte Menschen die Elemente der dominanten Kultur übernehmen, um sich selbst das Leben innerhalb dieser dominanten Kultur zu erleichtern (Scafidi 2005).

     Für ihre cultural appropriation ist Madonna neben ihrer Musik, u.a. in den Songs La Isla Bonita und Isaac, für ihren Modestil bekannt. Im Folgenden ein paar Beispiele:

[Beispiele]










 (Madonna als Geisha, mit Hijab und mit orientalischer Körperbemalung)


Ihr wird unterstellt, dass sie die Modestile rein aus Selbstvermarktungszwecken nutzt und sich in keiner Weise mit der kulturellen Bedeutung der Kleidung auseinandersetzt. Zusätzlich würden diese Looks ausschließlich die westliche Vorstellung der von ihr dargestellten Kultur repräsentieren, womit sie rassistische Stereotype aufrechterhalte (Doyle 2009). Außerdem hat sie sich für das Cover ihres 2008 erschienenen Album Hard Candy in sogenanntem blackface fotografieren lassen. In einem Interview mit der Zeitschrift Rolling Stone gab sie zu, dass sie das Album, welches starke R’n’B-Einflüsse beinhaltet, ursprünglich Black Madonna nennen wollte.

Dies lässt vermuten, dass sie sich ihrer privilegierten Position als Unterdrückerin nicht bewusst ist (Blank 2015). Tim Wise argumentiert, dass Weißsein für Weiße keine Bedeutung hat und sie sich die Frage, was es überhaupt heißt, weiß zu sein, nicht stellen, da diese Frage in der westlichen Gesellschaft sowieso überflüssig sei (Wise 2011). Vermutlich trifft dies auch auf die feministische Ikone Madonna zu.
 

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Literatur
 

Black, E. (2015). URL: https://www.bitchmedia.org/post/madonna-is-your-dorm-room-poster-and-further-thoughts-on-cultural-appropriation (Zugriff: 26. September 2017).
 

hooks, b. "Power to the Pussy--We Don't Wannabe Dicks in Drag." Madonnarama: Essays on Sex and Popular Culture. Ed. Lisa Frank and Paul Smith. Pittsburgh: Cleis Press, 1993. 65-80.

Doyle, S. (2005). URL: https://www.bitchmedia.org/post/madonna-is-your-dorm-room-poster-and-further-thoughts-on-cultural-appropriation (Zugriff: 26. September 2016).
 

Ghandi, N. (2015). URL: http://www.refinery29.com/2015/03/83104/madonna-rebel-heart-feminism-interview (Zugriff: 26. September 2017).
 

Kellner, D. (2003). Media culture: Cultural studies, identity and politics between the modern and the post-modern. Routledge.
 

Lugo-Lugo, C. R. (2001). The Madonna experience: A US icon awakens a Puerto Rican adolescent's feminist consciousness. Frontiers: A Journal of Women Studies, 22(2), 118-130.
 

Lynch, J. (2016). URL: http://www.billboard.com/articles/events/women-in-music/7616927/madonna-billboard-woman-of-the-year-labrinth (Zugriff: 26. September 2017).
 

McFadden, C. (2011). Critical white feminism interrogating privilege, whiteness, and antiracism in feminist theory.
 

Paglia, C. (1990). URL: http://www.nytimes.com/1990/12/14/opinion/madonna-finally-a-real-feminist.html (Zugriff: 26. September 2017).
 

Rushkoff, D. (2010). Media virus!: Hidden agendas in popular culture. Ballantine books.
 

Scafidi, S. (2005). Who owns culture?: Appropriation and authenticity in American law. Rutgers University Press.
 

Wise, T. (2011). White like me: Reflections on race from a privileged son. Soft Skull Press.

Zeisler, A. (2016). URL: https://www.bitchmedia.org/article/marketplace-feminism-through-decades-11-shameless-attempts-sell-women-their-own-commodity (Zugriff: 23. September 2017).

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White Feminism?: Emma Watson und ihre Selbstreflektion

[Video]

In den letzten Jahren haben sich immer mehr celebrities öffentlich aktiv für den Feminismus eingesetzt oder sich zumindest als Feministinnen bezeichnet.

Im September 2014 hielt die britische Schauspielerin und Botschaftlerin des guten Willens für die UN Women, die United Nations Organisation für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Frauen, eine öffentliche Rede und bekannte sich somit als Vertreterin des Feminismus. In ihrer Rede gab sie den Start der HeForShe-Kampagne bekannt (United Nations/YouTube 2014).

Die HeForShe-Kampagne möchte Männer und Jungs dazu auffordern, die bestehenden Strukturen der Geschlechterungleichheit zu hinterfragen, und somit zu einer gesellschaftlichen Veränderung beizutragen (HeForShe 2017). Im Folgenden das ganze Transkript ihrer dreizehnminütigen Rede:

„Today we are launching a campaign called HeForShe. I am reaching out to you because we need your help. We want to end gender inequality, and to do this, we need everyone involved. This is the first campaign of its kind at the UN. We want to try to mobilize as many men and boys as possible to be advocates for change. And, we don’t just want to talk about it. We want to try and make sure that it’s tangible.

I was appointed as Goodwill Ambassador for UN Women six months ago. And, the more I spoke about feminism, the more I realized that fighting for women’s rights has too often become synonymous with man-hating. If there is one thing I know for certain, it is that this has to stop.

For the record, feminism by definition is the belief that men and women should have equal rights and opportunities. It is the theory of political, economic and social equality of the sexes.

I started questioning gender-based assumptions a long time ago. When I was 8, I was confused for being called bossy because I wanted to direct the plays that we would put on for our parents, but the boys were not. When at 14, I started to be sexualized by certain elements of the media. When at 15, my girlfriends started dropping out of sports teams because they didn’t want to appear muscly. When at 18, my male friends were unable to express their feelings.

I decided that I was a feminist, and this seemed uncomplicated to me. But my recent research has shown me that feminism has become an unpopular word. Women are choosing not to identify as feminists. Apparently, I’m among the ranks of women whose expressions are seen as too strong, too aggressive, isolating, and anti-men. Unattractive, even.

Why has the word become such an uncomfortable one? I am from Britain, and I think it is right I am paid the same as my male counterparts. I think it is right that I should be able to make decisions about my own body. I think it is right that women be involved on my behalf in the policies and decisions that will affect my life. I think it is right that socially, I am afforded the same respect as men.

But sadly, I can say that there is no one country in the world where all women can expect to see these rights. No country in the world can yet say that they achieved gender equality. These rights, I consider to be human rights, but I am one of the lucky ones.

My life is a sheer privilege because my parents didn’t love me less because I was born a daughter. My school did not limit me because I was a girl. My mentors didn't assume that I would go less far because I might give birth to a child one day. These influences were the gender equality ambassadors that made me who I am today. They may not know it, but they are the inadvertent feminists that are changing the world today. We need more of those.

And if you still hate the word, it is not the word that is important. It’s the idea and the ambition behind it, because not all women have received the same rights I have. In fact, statistically, very few have.

In 1997, Hillary Clinton made a famous speech in Beijing about women’s rights. Sadly, many of the things that she wanted to change are still true today. But what stood out for me the most was that less than thirty percent of the audience were male. How can we effect change in the world when only half of it is invited or feel welcome to participate in the conversation?

Men, I would like to take this opportunity to extend your formal invitation. Gender equality is your issue, too. Because to date, I’ve seen my father’s role as a parent being valued less by society, despite my need of his presence as a child, as much as my mother’s. I’ve seen young men suffering from mental illness, unable to ask for help for fear it would make them less of a man. In fact, in the UK, suicide is the biggest killer of men between 20 to 49, eclipsing road accidents, cancer and coronary heart disease. I’ve seen men made fragile and insecure by a distorted sense of what constitutes male success. Men don’t have the benefits of equality, either.

We don’t often talk about men being imprisoned by gender stereotypes, but I can see that they are, and that when they are free, things will change for women as a natural consequence. If men don’t have to be aggressive in order to be accepted, women won’t feel compelled to be submissive. If men don’t have to control, women won’t have to be controlled.

Both men and women should feel free to be sensitive. Both men and women should feel free to be strong. It is time that we all perceive gender on a spectrum, instead of two sets of opposing ideals. If we stop defining each other by what we are not, and start defining ourselves by who we are, we can all be freer, and this is what HeForShe is about. It’s about freedom.

I want men to take up this mantle so that their daughters, sisters, and mothers can be free from prejudice, but also so that their sons have permission to be vulnerable and human too, reclaim those parts of themselves they abandoned, and in doing so, be a more true and complete version of themselves.

You might be thinking, ‘Who is this Harry Potter girl, and what is she doing speaking at the UN?” And, it’s a really good question. I’ve been asking myself the same thing.

All I know is that I care about this problem, and I want to make it better. And, having seen what I’ve seen, and given the chance, I feel it is my responsibility to say something.

Statesman Edmund Burke said, “All that is needed for the forces of evil to triumph is for good men and women to do nothing.’

In my nervousness for this speech and in my moments of doubt, I told myself firmly, “If not me, who? If not now, when?” If you have similar doubts when opportunities are presented to you, I hope those words will be helpful. Because the reality is that if we do nothing, it will take seventy-five years, or for me to be nearly 100, before women can expect to be paid the same as men for the same work. Fifteen and a half million girls will be married in the next 16 years as children. And at current rates, it won't be until 2086 before all rural African girls can have a secondary education.

If you believe in equality, you might be one of those inadvertent feminists that I spoke of earlier, and for this, I applaud you. We are struggling for a uniting word, but the good news is, we have a uniting movement. It is called HeForShe. I invite you to step forward, to be seen and to ask yourself, ‘If not me, who? If not now, when?’

Thank you very, very much.” (United Nations 2014)


So wie zahlreiche andere celebrity feminists, wird auch Emma Watson mit negativer Kritik hinsichtlich ihres repräsentierten Feminismus konfrontiert. Unter anderem wird ihr vorgeworfen, dass sie nichts neues der Feminismusagenda benannt hat, sie aber das Glück habe, dass ihr als schöne, erfolgreiche, weiße Person zugehört wird. Weniger privilegierte Frauen würden schon länger versuchen, mit denselben Worten die breite Öffentlichkeit zu erreichen (Gay 2014). Patricia Hill Collins thematisiert dieses Problem in ihrem Buch Black feminist thought: Knowledge, consciousness, and the politics of empowerment. Für eine Frau mit wenigen bzw. gar keinen Privilegien, insbesondere für women of color, ist es äußerst schwierig, sich in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen. Erst wenn ihre Gesellschaftskritik von einer weißen Frau herausgetragen wird, wird den Problematiken Aufmerksamkeit zuteil (Collins 2002).

     Die Tatsache, dass Emma Watsons Rede sowie die Kampagne selbst nicht explizit auf die Ungleichbehandlung von women of color eingeht, kann ebenfalls bemängelt werden. Das Ignorieren der Intersektionalität von Geschlecht und „Rasse“ ist eine Eigenschaft des white feminism, bei dem die Erfahrungen und Bedürfnisse der Frauen generalisiert werden. Hierbei wird häufig davon ausgegangen, dass die Perspektive weißer Frauen auf alle Frauen zutrifft (McFadden 2011).

     In ihrer Rede hätte Watson beispielsweise neben der gender pay gap auch auf die race pay gap aufmerksam machen können. Nach der Prognose des National Committe on Pay Equity (2013) erhalten Frauen in den Vereinigten Staaten erst im Jahr 2059 das gleiche Gehalt für die gleiche Arbeit wie Männer. Zusätzlich zeigen Studien, dass weiße Frauen, gemessen am Gehalt weißer Männer, mehr verdienen als Schwarze und lateinamerikanische Frauen und Männer. Den Ergebnissen nach verdienten weiße Frauen im Jahr 1990 69,4%, Schwarze Frauen 62,5% und lateinamerikanische Frauen 54,3% des Gehaltes eines weißen Mannes. Im Jahr 2013 hat sich die Prozentzahl der weißen Frau auf 78 erhöht, wohingegen die der Schwarzen Frauen (64%) und die der lateinamerikanischen Frauen (54) geringe bis keine Unterschiede aufweisen.

Emma Watson berichtete, dass sie sich nach ihrer Rede mit zahlreicher negativer Kritik konfrontiert sah, mit der sie sich überfordert fühlte (dailymail 2017). Doch im Gegensatz zu manch anderen celebrity feminists, gab sie zu, noch viel über Theorie und Praxis des Feminismus lernen zu müssen. So traf sie sich bereits mehrmals mit der passionierten Schwarzen Feministin bell hooks. Neben Themen wie Alter, Klasse, Nationalität und Beruf, sprachen sie auch über „Rasse“. Diese Art Treffen zum Austausch unterschiedlicher Erfahrungserlebnissen ist äußerst wichtig für die Befreiungsarbeit des Feminismus. Bell hooks ist der Ansicht, dass Emma Watson soweit alles richtig mache, auch wenn sie nicht explizit die Probleme von women of color anspricht: „When you are speaking out to a global audience, you have to start where that world is. That means, at times, starting with things that are basic. […] It's like when you go to a foreign country and you're trying to communicate, we often use more simple ways of saying something, of bridging that gap of language and culture.” (hooks/Watson 2016). Wichtig sei vor allem, dass sich Watson ihrer Privilegien bewusst ist, was sie in ihrer Rede ebenfalls anmerkt. Kurze Zeit nach dem Start der HeForShe-Kampagne, nahm sie sich ein Jahr Auszeit von der Schauspielerei, um sich intensiv in der Feminismustheorie weiterzubilden (hooks/Watson 2016). Somit kann Emma Watson im Grunde genommen als Positivbeispiel einer weißen feministischen Aktivistin in der medialen Öffentlichkeit gesehen werden. 


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Literatur
 

Collins, P. H. (2002). Black feminist thought: Knowledge, consciousness, and the politics of empowerment. Routledge.
 

Dailymail (2017). URL: http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-4227582/Emma-Watson-fell-sulk-feminism-backlash.html (Zugriff: 29. September 2017).
 

Gay, Roxanne (2014). URL: https://www.theguardian.com/commentisfree/2014/oct/10/-sp-jennifer-lawrence-emma-watson-feminists-celebrity (Zugriff: 29. September 2017).
 

HeForShe (2017). URL: http://www.heforshe.org/en/our-mission (Zugriff: 29. September 2017).
 

hooks, b. / Watson, E. (2016). URL: http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-4227582/Emma-Watson-fell-sulk-feminism-backlash.html (Zugriff: 29. September 2017).
 

McFadden, C. (2011). Critical white feminism interrogating privilege, whiteness, and antiracism in feminist theory.
 

National Committee on Pay Equity (2013). URL: http://www.pay-equity.org/ (Zugriff: 29. September 2017).
 

United Nations / Youtube (2014). URL: https://www.youtube.com/watch?v=gkjW9PZBRfk (Zugriff: 29. September 2017).

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Zitiervorschlag: Heß, Florence (2017): "White Feminism", online unter https://beyonce-seminar.blogspot.com/2017/11/white-feminism.html

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